Unsere letzte Fahrt mit dem Tioga geht durch die malerischen Berge und Täler im Norden Ecuadors. Kolumbien, von dem andere Reisende so schwärmen, liegt zum Greifen nahe, dieses Land heben wir uns für eine andere Reise auf. Wir erledigen die Formalitäten an der Grenze und kehren wieder nach Ibarra auf den heimeligen Campingplatz von Patricia und Hans zurück. An diesem Wohlfühlort herrscht ein reges Kommen und Gehen und vor allem Bleiben, es gibt immer Gelegenheit für ein Schwätzchen mit dem hilfsbereiten deutschen Paar und ihrer Tochter und anderen Reisenden. Und hier, an unserem letzten Standplatz, finden Io und Linus die heiß ersehnten SpielpartnerInnen, die sie oft auf unsere Reise vermisst haben. Miranda und Lorenzo sprechen etwas Deutsch und kennen das Lernen mit ihren Eltern, da Pilar und Fabio sie ebenfalls selber unterrichten. Wir verbringen einen gemütlichen Familienabend in ihrer Cabaña und bekommen einen kleinen Einblick in das künstlerische Schaffen Fabios. In einer fröhlichen Gruppe radeln wir die schweren Drachen-Tretboote auf der Laguna Yahuarcocha über das windige Wasser.
Schwierig, zu kalkulieren, wie viel Zeit wir benötigen, um den Tioga so zu hinterlassen, dass er auch noch in einem halben Jahr oder länger für andere Reiselustige und neue Abenteuer bereit ist. So wird die Zeit doch knapper als gedacht, es findet sich immer noch was zu tun. Nach 170 Tagen und guten 10.500 km auf den staubigen und holprigen südamerikanischen Straßen wird innen und außen geputzt, alle Tanks geleert, repariert und Überflüssiges ausgemustert. Christomäßig besorgen wir meterweise Abdeckplane am Markt und verbringen eine vergnügliche halbe Stunde mit der Näherin. All die Dinge, die wir mitgebracht haben und im Laufe der Zeit gesammelt haben, betrachten wir mit kritischem Blick, verschenken das, was wir nicht mehr nach Hause nehmen müssen, an andere Reisende. Zwei Kartons mit Kleidung und Spielzeug sind für das nahen Kinderheim in Yahuarcocha gepackt.
Den Zaubertrick, die 132kg Gepäck, mit denen wir gekommen sind plus all den Schätzen, die wir von hier mitnehmen, wieder in vier Taschen á 23kg Gepäck aufzuteilen, gelingt mit den besten Mathematikkenntnissen nicht. Zum Glück gibt´s Übergepäck!
Zum Abschluss wird der Tioga aufgebockt, der viertelvolle Tank (60l!) abgelassen und das Wohnmobilpaket gut verschnürt.
Susann und Claudio leisten uns bei unserem abschließenden stellplatzbedingten schrägen Abendessen in unserem Heim Gesellschaft. In unserer letzten Nacht im Tioga trommelt der von der Natur langersehnte Regen auf unser Dach. Mit der Morgensonne zeigen sich die Vulkane Imbabura und Cotacachi in all ihrer Pracht und wunderschön angezuckert. Gerne würden wir in der Früh alles festmachen, das Obst und Gemüse ins Bett stellen, damit es nicht davonrollt, das Stromkabel einpacken, den Wassertank füllen und weitereisen, abgehoben von Zeit und Alltagsverpflichtungen.
Liebevoll hatte uns Karin Woche für Woche einen Spruch vorbereitet. Mit „Weine nicht, dass es vorbei ist, sondern lächle, weil es so schön war“ (Gabriel García Marquéz) verabschieden wir uns von unserem treuen rollenden Heim, von unserem Reisetraum, den wir gelebt haben, von all den Menschen, denen wir begegnet sind. Und gleichzeitig freuen wir uns auf zu Hause, auf Alltag und Gewohntes, auf all die Menschen, die in Gedanken mit uns gereist sind. Und wir sind uns sicher: die nächste Reise kommt bestimmt!
Die Taxifahrt holt uns ganz rasch wieder auf den Boden der Realität, der Fahrer gibt ordentlich Gas und beschert uns einen weiteren Einblick in südamerikanische Überholmanöver, in Rekordzeit sind wir und unser Gepäck in Quito angekommen.