Ein Bewohner von Lima sagt über seine Heimatstadt „Lima no es una ciudad, es otro pais“. Und in diesem neuen Land für uns staunen wir, denn wir befinden uns gefühlt mitten im reichen Europa. Natürlich wissen wir, dass es ganz andere Seiten von Lima, der 10 Millionen-Stadt, gibt. Doch hier in Miraflores sind die Autos sauber und mit drei deutschen Buchstaben versehen, bei Starbucks wird man Valet-geparkt. Erstmalig fallen wir im Stadtbild optisch nicht auf, wir haben halt kein Surfbrett unter den Arm geklemmt. An allen Ecken und Enden des Bezirks wird der Körper gestählt. Es wird gelaufen, mit Helm (!) geradelt, geskatet, auf Rollerblades gefahren, im Fitnesscenter in verglasten Hochhäusern mit Blick über die Stadt geschwitzt und vor dem steinigen Strand gesurft.
Der Gegensatz zwischen Arm und Reich kann krasser wohl fast nicht sein, an der gepflegten Strandpromenade mit Blick auf ParagleiterInnen und SurferInnen in der Brandung von Lima hüten die dunkelhäutigen Kindermädchen die hellhäutigen Kleinkinder in Designerklamotten. Die Kinder werden nicht getragen, sondern im Kinderwagen gefahren. Die Kaufkraft der reichen LimaneserInnen muss gewaltig sein, denn sowohl im Supermarkt als auch am Markt müssen wir bei den Preisen heftig schlucken. So teuer haben wir in Peru noch nie eingekauft. Und immer wieder fragen wir uns: Wie können sich die Menschen hier das Leben leisten?
Der Lärmpegel macht einer peruanischen Stadt alle Ehre, wertvolle Autos brauchen laute Alarmanlagen, die großen Wellen, die über die großen runden Steine schwappen Strand tragen zur Geräuschkulisse bei.
Auch hier heißt es, sich in den öffentlichen Bus vorne reinquetschen, um dann an der hoffentlich richtigen Haltestelle – auch das ist hier geordnet – hinten wieder rauszuquillen.
Am Stadtrand von Lima sieht das Leben ganz anders aus. Wohl sind die Straßen noch breit, aber die Häuser ärmlich und jede/r kämpft ums Überleben, und wenn es nur der Verkauf von zu mundgerechten Scheiben von Zuckerrohr ist, das Kleinkind wir durch den dichten Verkehr am Rücken mitgetragen. Dies wirkt besonders bedrückend nach dem, was wir im reichen Lima gesehen haben.
Die Pazifikküste in den Norden hinauf ist sandig und rau, die kalte Meeresströmung und die warme Lufttemperatur in Kombination mit Erhebungen an der Küste ermöglichen spezielle Ökosysteme, die sogenannten „Lomas“, fauna- und florareiche Wüstenhügellandschaften. Ähnlich eines Lawinenschutzes werden Nebelbrecher aufgestellt. Wenn sich das feuchtwarme Weiß zwischen den Hügel lichtet, wird eine sattgrüne unwirklich anmutende Grünlandschaft enthüllt. Überall zirpt und zwitschert es, zahlreiche Vogelarten und der Andenfuchs haben hier ihr zu Hause.
Die peruanische Küste ist von Weitem schön anzusehen, die Straße geht immer wieder auf kleine Pässe um die 500m hoch in die Wüstenlandschaft, vorbei an Obstplantagen, Baumwoll-, Zuckerrohr- und Reisfeldern. Bei näherer Betrachtung kommt uns allerdings das Grausen. Müllberge und Plastiksackerl in allen Farben leuchten am Strand, hinzu kommen auf diesen Küstenabschnitten Kadaver von Robben und Pelikanen. Was den Fischern ungelegen kommt, so erfahren wir, wird erschossen und bleibt am Strand liegen. Da kommt kein Urlaubsfeeling auf, wir fahren weiter und versuchen die Gesetzmäßigkeit der total unterschiedlichen Benzinpreise auf der Strecke zu entschlüsseln.