Señora Marta gewährt uns freundlich Quartier auf ihrem Grundstück direkt am südlichen Ende des Titicacasees, köstlich zubereitete Seeforelle, drei spielfreudige Enkelkinder und überteuerte Bootsfahrt zu den „Islas Flotantes“ inklusive. Nur mehr ganz wenige Uros leben heute noch auf diesen schwimmenden Inseln aus Schilf, die nach drei Monaten Bauzeit gerade mal ein Jahr durchhalten und dann durch den Wassereinfluss von unten und oben zu versinken beginnen. Zu groß ist die Verschmutzung des Titicacasees oder „Pumafelsens“, der zu 30% in Bolivien und der Rest in Peru liegt, gut 13mal so groß wie der Bodensee und mit mehr als 38100m Höhe der höchste schiffbare See der Welt ist, als dass die Uros hier länger eine Existenz finden.
Hier in Bolivien haben wir die Museumsinsel und eine kurze Fahrt in einem „balsa“, einem Schilfboot, für uns. In dieser Gegend leben noch ganze vier Familien auf einer „Isla Flotante“. Im Freiluftmuseum im Ort werden uns Fotos aus den späten 60er Jahren vom Bau der „Raa II“, einem großen Schilfboot, gezeigt, die damals mit 7 Mann und Frau Besatzung losgesegelt ist, um zu beweisen, dass Südamerika von Afrika aus besiedelt wurde.
Die Fahrt nach Copacabana fühlt sich an wie ein Ausflug ans Meer. Soweit das Auge reicht türkisfarbenes Wasser, noch strahlender sind nur die Farben des Blumen- und Papierschmucks und der Hütchen auf den Autos, die uns von der allsonntäglichen Autosegnung auf der kurvigen Bergstraße entgegenkommen.
Bei der Überfahrt über die See-Enge in Tiquina schwankt die Fähre samt uns und Tioga gewaltig über die Wellen, die heute angeblich nicht hoch sind. Wir erreichen glücklich das andere Ufer. In Copacabana angekommen, mutet dies wie Rimini in den 60er Jahren an, die Cholitas warten strickend im Schwan-Tretboot auf Kundschaft.
An einem beschaulichen Platz am Seeufer bei Señor Hilario und seiner Familie mit Blick auf die Isla del Sol, allerlei Tieren und dem kleinen Hund Horacio, der sich bereitwillig von Io und Linus durch die Schafherden hindurch an der Leine führen lässt, zeigt uns der Hausherr stolz einen ganzen Stapel Postkarten seiner Gäste aus aller Welt.
Linus´ 8. Geburtstag feiern wir gebührend mit Torte, Geschenken und Blütenblättern auf das Haupt der Familienmitglieder von unsere Gastfamilie und einer exklusiven Tour mit kleiner Führung zur „Isla del Sol“ mit und in Señor Hilarios Motorboot. Für Linus genügend Zeit, die neue Angel auszuprobieren. Den Spaziergang über die malerische autofreie Insel genießen wir zwar gemeinsam mit einigen anderen TouristInnen, doch die Bucht, an der wir von Señor Hilario abgeholt werden, gehört nur uns und ein paar Schafen, Eseln und Kühen, die sich an den Spitzen der Kaktusblättern laben. Ein eiskaltes Bad im Titicacasee lässt uns den strahlend blauen Himmel und die warme Sonne anschließend noch mehr genießen. Zurück steuern die Kinder das Motorboot, was braucht ein Linus-Herz mehr für einen gelungenen Geburtstag! Zum Abendessen verwöhnt uns Señora Eustaquia mit Forelle – die Kinder helfen beim Fischen - aus eigener Zucht vor der Haustüre. Sie bereitet das Essen in ihrem kleinen Küchenhäuschen in großen verkohlten Kesseln zu, die in offenem Feuer schmoren. Der Fleischvorrat – Meerschweinchen – läuft unbekümmert durch die Küche.
Nur knappe zehn Kilometer trennen uns nun, nach 2 Monaten in Bolivien, von der Grenze zu Peru, neuen Eindrücken und hoffentlich besseren Straßen.